Aktuell


ISUV-Vortrag „Wichtige Tipps bei Scheidungsfolgenvereinbarungen“ am 14.03.2024 in Wiesbaden:

Der kostenfreie Vortrag des ISUV Interessenverbands Unterhalt und Familienrecht findet statt um 19.00 Uhr in der Wiesbaden Stiftung, Michelsberg 6 in 65183 Wiesbaden, Referent ist der ISUV-Kontaktanwalt Harald Uhlmann, Fachanwalt für Familienrecht.


Neue Düsseldorfer Tabelle 2024:

Gemäß der neuen Düsseldorfer Tabelle erhöhen sich erneut die Unterhaltsbeträge für Kinder ab dem 01.01.2024 deutlich, im Schnitt etwa um 12 %. Auch die Selbstbehalte der Unterhaltspflichtigen werden erhöht, so etwa für erwerbstätige Unterhaltspflichtige gegenüber Unterhaltsansprüchen von minderjährigen Kindern von monatlich 1.370,00 € auf 1.450,00 € (bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen). Allerdings sollte man berücksichtigen, dass Gerichte in der Regel sehr streng urteilen, wenn sich Unterhaltspflichtige auf fehlende Leistungsfähigkeit wegen Unterschreiten ihres Selbstbehalts berufen, also oft von ihnen verlangen, dass sie zusätzliche Arbeit leisten oder Ausgaben kürzen, um den Mindestunterhalt von minderjährigen Kindern sicherzustellen. Der Unterhaltsbedarf volljähriger studierender Kinder mit eigenem Hausstand bleibt gleich bei monatlich 930,00 € (ist aber wie bisher auch schon ggfs. zu erhöhen bei höheren Wohnkosten als in dem Betrag von 930,00 € einkalkuliert).


BGH, Beschluss vom 19.04.2023, XII ZB 234/22, Berechnung der Notarkosten für Ehevertrag:

Notarkosten berechnen sich grundsätzlich (wie auch Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren) nach dem Wert der jeweiligen Angelegenheit. Bei einem Ehevertrag, mit dem Gütertrennung vereinbart wird, ist gemäß § 100 Abs. 1 GNotKG massgeblich der Wert des gesamten Vermögens der Eheleute. Dies gilt auch, wenn etwaige Ausgleichsansprüche eines Ehegatten gegen den anderen deutlich geringer wären, im vom BGH entschiedenen Fall etwa deshalb, weil zuvor schon durch einen ersten Ehevertrag ehegüterrechtliche Regelungen getroffen worden waren. Ob hier gegebenenfalls das Notariat zu einer kostengünstigeren Regelung hätte aufklären müssen, ist nicht Gegenstand der Entscheidung, die ausschließlich Gebührenrecht zum Inhalt hat.


BFH, Urteil vom 14.02.2023, IX R 11/20, Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch Überlassung von Einfamilienhaus an Ehepartner und Kinder:

Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist grundsätzlich zu versteuern, gleiches gilt bei Übertragung an den Ehepartner. Gemäß § 23 EStG ist der Veräußerungsgewinn steuerfrei, wenn zwischen dem Kauf und dem Verkauf der Immobilie mehr als 10 Jahre liegen oder wenn die Immobilie zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde – vom Veräußerer.

Wenn sich Ehegatten trennen und eine bis dahin gemeinsam genutzte Immobilie nur noch von einem Ehegatten bewohnt wird, besteht also im Falle einer Veräußerung/Übertragung der Immobilie vor Ablauf von 10 Jahren nach Erwerb das Risiko, dass der ausgezogene Ehegatte den Gewinn aus der Veräußerung zu versteuern hat. In der Regel wird die Immobilie ja auch nicht sofort im Jahr der Trennung veräußert, sondern erst im Folgejahr oder später. Dann liegt aber keine der Voraussetzungen für eine steuerfreie Veräußerung vor.

Dies gilt auch für die nicht gerade seltene Situation, dass der ausgezogene Ehegatte die Immobilie nicht nur dem anderen Ehegatten, sondern auch den gemeinsamen Kindern zu Wohnzwecken überlässt. Mit der Entscheidung vom 14.02.2023 hat der Bundesfinanzhof dies noch einmal klargestellt, es handelt sich dann nicht um eine eigene Wohnnutzung des ausgezogenen Ehegatten.


Neue Düsseldorfer Tabelle 2023:

Die jetzt bekanntgemachte Tabelle bringt erneut, trotz Erhöhung des staatlichen Kindergelds durchaus erhebliche, Erhöhungen auch der Zahlbeträge für den Kindesunterhalt, etwa beim Mindestunterhalt zwischen 25,50 € und 39,50 € monatlich in den Altersgruppen 0 bis 17 Jahre, oder in den gleichen Altersgruppen bei 160 % des Mindestunterhalts zwischen 50,50 € und 72,50 € monatlich.

Gleichzeitig werden die Grenzen des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) von Unterhaltspflichtigen deutlich heraufgesetzt, so bei erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen um 210,00 € monatlich von 1.160,00 € auf 1.370,00 € monatlich gegenüber minderjährigen und privilegiert volljährigen Kindern und um 250,00 € von 1.400,00 € auf 1.650,00 € monatlich gegenüber nicht privilegiert volljährigen Kindern. Bei den genannten Beträgen handelt es sich schon um das unterhaltsrechtlich bereinigte Nettoeinkommen, insbesondere beim Mindestunterhalt für mehrere Kinder dürften sich daher die Fälle von (teilweiser) Leistungsunfähigkeit der Unterhaltspflichtigen mehren.


Ehegattenunterhalt in Form des Altersvorsorgeunterhalts kann nach Wahl des Unterhaltsberechtigten für Altersvorsorge verwendet werden, auf finanzielle Interessen des Unterhaltsverpflichteten muss grundsätzlich keine Rücksicht genommen werden, BGH, Beschluss vom 22.09.2021, XII ZB 544/20:

Im Rahmen einer Entscheidung zum Nachteilsausgleich der Besteuerung von Unterhalt bei begrenztem Realsplitting hat der BGH in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung bestätigt, dass der Altersvorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ein zweckgebundener Bestandteil des nachehelichen Unterhals ist, den der Berechtigte für eine entsprechende Absicherung zu verwenden hat. Dabei steht es dem Unterhaltsberechtigten frei, den Altersvorsorgeunterhalt als freiwillige Leistung in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen oder ganz oder teilweise für eine private Altersvorsorge, insbesondere in eine private Rentenversicherung, zu verwenden.

Es besteht grundsätzlich keine Obliegenheit des Unterhaltsberechtigten, den Altersvorsorgeunterhalt in einer zertifizierten Rentenversicherung anzulegen, die (auch nur zunächst) eine Verringerung der Steuerlast ermöglicht und damit über den Nachteilsausgleich auch dem Unterhaltspflichtigen zugutekommt. Nur ausnahmsweise kann eine derartige Obliegenheit angenommen werden. Das war hier (Verwendung für private Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht) nicht der Fall.


Kosten im vereinfachten Unterhaltsverfahren, Beschluss des OLG Koblenz vom 15.06.2021, 11 WF 439/21:

Das OLG hat in dieser Angelegenheit dem durch das Jugendamt als Beistand vertretenem Kind die Kosten des Verfahrens auferlegt. Hintergrund war folgender: Die Mutter des Kindes und dessen Vater hatten bereits in einem gerichtlich protokollierten Verghleich den Kindesunterhalt festgelegt. Einige Zeit später übertrug die Mutter dem Jugendamt die Beistandschaft für die Geltendmachung von Unterhalt des Kindes gegen den Vater. Nach vorgerichtlichen Schreiben machte das Jugendamt im Wege des vereinfachten Unterhaltsverfahrens (das in der Praxis aber insbesondere für den Unterhaltspflichtigen überhaupt nicht einfach, sondern höchst kompliziert ist) den Kindesunterhalt gerichtlich geltend. Dies war jedoch wegen des bereits existierenden Unterhaltstitels (der gerichtlich protokoliierte Vergleich) unzulässig, worauf der Anwalt des Vaters umgehend hinwies. Daraufhin nahm das Jugendamt den Antrag zurück.

Üblicherweise werden in zivilrechtlichen Verfahren einem Antragsteller, der seinen Antrag zurücknimmt, die Kosten des gesamten Verfahrens inklusive der Anwaltskosten des Gegners auferlegt. Hier jedoch hatte das Amtsgericht davon abgesehen, nachdem das Jugendamt die Auffassung vertrat, der Vater habe im vorgerichtlichen Schriftverkehr auf die Existenz des Vergleichs hinweisen müssen. Tatsächlich gibt es Gerichtsentscheidungen, die eine derartige Auffassung vertreten. Hier hatte jedoch das OLG Koblenz dem eine Absage erteilt und die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens dem durch das Jugendamt vertretenen Kind auferlegt. Richtigerweise hat nämlich der Vater des Kindes nicht für Versäumnisse der Antragstellerseite zu haften. Wenn das Jugendamt vor Einleitung des Gerichtsverfahrens gegen den Vater nicht überprüft, ob bereits ein Unterhaltstitel besteht, oder die Mutter des Kindes das Jugendamt darüber nicht informiert, liegt dies allein in deren Verantwortung und kann nicht dem Vater angelastet werden.


Feststellung des Zeitpunkts der Trennung von Eheleuten – OLG Brandenburg, Beschluss vom 10.08.2020, 13 UF 122/17:

Nur gelegentliche, vereinzelte gemeinsame Mahlzeiten mit den gemeinsamen Kindern hindern die Annahme einer räumlichen Trennung nicht. Vielmehr entspricht es der Vernunft und einer sozialadäquaten Kommunikation von unter einem Dach getrennt voneinander lebenden Eltern, dass sie unter Kindeswohlgesichtspunkten in Gegenwart der Kinder einander besonnen und respektvoll begegnen. Maßgeblich ist, dass durch die Trennung eine Zäsur in den individuellen ehelichen Lebensverhältnissen feststellbar ist, nach der die ehetypischen Gemeinsamkeiten aufgegeben sind und zwischen den Eheleuten anders als vor der Trennung nur noch ganz vereinzelte Gemeinsamkeiten zustandekommen, die nicht mehr über diejenigen einer blossen Zweckgemeinschaft hinausgehen.

Inhalt/Bewertung: Es geht um den Zeitpunkt der Trennung von Eheleuten, der sowohl maßgeblich ist für den Ablauf des Trennungsjahrs als Voraussetzung für eine Ehescheidung als auch für zahlreiche andere Rechtsfolgen, wie etwa Unterhalt oder Zugewinnausgleich. Oft ist dieser Zeitpunkt strittig, insbesondere bei Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung, was die Ausübung von Rechten erschwert. Das OLG hatte hier (unter anderem) über einen Zwischenantrag auf Festellung des Trennungszeitpunkts zu entscheiden, bei dem es letztlich um die Erteilung von Auskünften zum Vermögen eines Ehegatten im Zeitpunkt der Trennung ging. Es hat den Antrag als zulässig und begründet angesehen, gelegentliche gemeinsame Mahlzeiten mit den gemeinsamen Kindern stehen einer Trennung nicht entgegen, vielmehr ist nach den individuellen Verhältnissen zu beurteilen, ob eine Zäsur im Vergleich zu früheren Gemeinsamkeiten stattgefunden hat.


Inhaltskontrolle von Scheidungsfolgenvereinbarungen – BGH Beschluss vom 27.05.2020, XII ZB 447/19:

Eine Scheidungsfolgenvereinbarung kann wegen Sittenwidrigkeit bei Abschluss unwirksam sein. Sittenwidrigkeit kommt in Betracht bei objektiv einseitiger Lastenverteilung in der Vereinbarung, allerdings reicht dies allein noch nicht. Hinzu kommen muss die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit. Diese liegt etwa vor bei verwerflicher Gesinnung, einseitiger Dominanz eines Vertragsteils, intellektueller Unterlegenheit oder unterlegener Verhandlungsposition des anderen Vertragsteils, Ausnutzung einer Zwangslage oder einer sozialen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit.

In dem vom BGH entschiedenen Fall war von alledem nicht auszugehen. Es war eine eindeutige Regelung getroffen worden (Ausschluss des Versorgungsausgleichs), der Notar hatte die Beteiligten umfassend belehrt und beide Eheleute waren intellektuell in der Lage, die Regelung zu verstehen. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Antragstellerin war nicht anzunehmen, da sie erwerbstätig war und über ausreichend Vermögen verfügte, um auf die Gestaltung der Scheidungsfolgenvereinbarung Einfluss nehmen zu können.

Anders als bei Eheverträgen ist bei Scheidungsfolgenvereinbarungen in der Regel kein Raum für eine Ausübungskontrolle nach Treu und Glauben (§ 242 BGB), denn der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist praktisch identisch mit dem Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe.

Eine Scheidungsfolgenvereinbarung kann nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) nachträglich angepasst werden. Eine bloss einseitige Erwartung einer Partei kann zwar auch zum gemeinsamen Geschäftswillen und damit zur Geschäftsgrundlage werden, wenn sie der anderen Partei erkennbar geworden und von ihr nicht beanstandet worden ist. Auch davon war aber im entschiedenen Fall nicht auszugehen, denn dem stand der ausdrückliche Vertragswortlaut entgegen.


Erteilung einer Sorgerechtsvollmacht kann Sorgerechtsentzug/-übertragung entbehrlich machen – BGH Beschluss vom 29.04.2020, XII ZB 112/19:

Der BGH stellt in Hinsicht auf bisher unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte klar, dass eine dem anderen Elternteil erteilte Sorgerechtsvollmacht die Übertragung der elterlichen Sorge auf diesen Elternteil – und damit den Sorgerechtsentzug beim vollmachtgebenden Elternteil – entbehrlich macht. Eine gesonderte Vereinbarung der Eltern als Grundlage ist dafür nicht erforderlich, das heißt, dass die einseitige Erteilung der Vollmacht ausreicht. Die Vollmacht kann dabei nur widerruflich erteilt werden.

Die Sorgerechtsvollmacht muss dem bevollmächtigten Elternteil aber auch eine verlässliche Handhabe zur alleinigen Wahrnehmung der Kindesbelange ermöglichen – daran hatte es im entschiedenen Fall, den der BGH an das Oberlandesgericht (Frankfurt a.M.) zur erneuten Prüfung und Entscheidung zurückverwies – wohl gefehlt. Trotz Vollmachtserteilung konnten nämlich bestimmte Angelegenheiten von der Mutter des Kindes nicht geregelt werden, wobei laut ihrer Darstellung der deshalb zur Mitwirkung aufgeforderte Vater untätig blieb.

Voraussetzung für die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist laut BGH weiterhin eine ausreichende Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft beider Eltern, dies allerdings nur, soweit eine solche konkret wegen der durch die Vollmachtserteilung erweiterten Handlungsbefugnisse des bevollmächtigten Elternteils erforderlich ist.


Kosten der privaten Krankenversicherung kein Unterhaltsmehrbedarf des Kindes, wenn kein Elternteil privat krankenversichert ist – OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.02.2020, 6 UF 237/19

Der unterhaltspflichtige Vater des Kindes war privat krankenversichert, wechselte dann aber in die gesetzliche Krankenversicherung, die Mutter des Kindes war ebenfalls gesetzlich krankenversichert. Auf Abänderungsantrag des Vaters entschied das OLG, dass der bestehende Unterhaltstitel dahingehend geändert wird, dass der Vater nicht länger die Kosten einer privaten Krankenversicherung für das Kind zu tragen hat. Die Tatsache, dass das Kind in der Vergangenheit als Privatpatient behandelt wurde, hat keine ausschlaggebende Bedeutung. Seine Lebensstellung leitet sich auch insoweit von der seiner Eltern ab.


„Totalrevision“ des Versorgungsausgleichs nach Tod des geschiedenen Ehegatten – BGH, Beschluss vom 05.02.2020, XII ZB 147/18 :

Auch nach dem Tod des geschiedenen Ehegatten kann vom anderen geschiedenen Ehegatten ein Abänderungsverfahren zum Versorgungsausgleich beantragt werden, das zum vollständigen Wegfall des Versorgungsausgleichs führt. Dies gilt aber nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs dann nicht, wenn die Abänderung sich im Ergebnis nicht zugunsten des überlebenden Ehegatten auswirken würde. Nicht zu berücksichtigen ist in diesem Rahmen, dass sich die Rückgängigmachung des Versorgungsausgleichs im Wege der sogenannten Totalrevision zugunsten des überlebenden geschiedenenen Ehegatten auswirken würde.

Hinweis: Dann, wenn der geschiedene Ehegatte nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verstorben ist und nicht länger als 3 Jahre Rente bezogen hat, kann auf Antrag des anderen Ehegatten der Versorgungsausgleich rückgängig gemacht werden. Aber auch dann, wenn der verstorbene geschiedene Ehegatte länger als 3 Jahre Rente aus dem Versorgungsausgleich bezogen hatte, kann über ein Abänderungsverfahren vor Gericht, das wiederum eigene Zulässigkeitsvoraussetzungen hat, der Wegfall des Versorgungsausgleichs erreicht werden. Eine dieser Voraussetzungen ist allerdings, dass Wertänderungen der ausgeglichenen Rentenansprüche sich insgesamt zugunsten des Antragstellers auswirken müssen. Wenn sich dagegen nur ein Rentenanrecht, etwa die gesetzliche Rente der verstorbenen geschiedenen Ehefrau durch Einführung der nachträglichen Mütterrente, erhöht, gleichzeitig aber betriebliche Rentenanrechte des geschiedenen Ehemanns zu einer Änderung zugunsten der verstorbenen geschiedenen Ehefrau führen würden, findet keine Abänderung und damit keine „Totalrevision“ statt. Generell ist vor Stellung von Abänderungsanträgen immer sorgfältig zu prüfen, ob nicht „der Schuss nach hinten“ losgehen kann.


Verwendung von Altersvorsorgeunterhalt – BGH, Beschluss vom 13.11.2019, XII ZB 3/19:

Nach dieser Entscheidung des BGH kann Altersvorsorgeunterhalt (Bestandteil des Ehegattenunterhalts für die Zeit nach Zustellung eines Scheidungsantrags) für die Zukunft versagt werden, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte aufgefordert worden war, Auskunft zu erteilen über die Verwendung eines bisher gezahlten Altersvorsorgeunterhalts, die Auskunft aber nicht erteilt hat. Es bestehen dann nämlich begründete Zweifel daran, dass er in der Zukunft die für die Altersvorsorge geleisteten Beträge zweckentsprechend verwenden wird. Somit steht dem grundsätzlich gegebenen Anspruch der Einwand der Treuwidrigkeit gemäß § 242 BGB entgegen.


Auskunftsverpflichtung volljähriger Kinder gegenüber unterhaltspflichtigen Eltern – OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.11.2019, 3 UF 96/19:

Die Auskunftsverpflichtung eines volljährigen Kindes gemäß § 1605 Abs. 1 BGB gegenüber einem unterhaltspflichtigen Elternteil umfasst auch Einkünfte und Vermögen des Elternteils, in dessen Haushalt es lebt. Sie erstreckt sich auch auf die Erteilung einer Auskunft über einen Familienunterhaltsanspruch dieses Elternteils gegenüber seinem Ehegatten nach §§ 1360, 1360a BGB.


Steuerlicher Abzug von Prozesskosten zur Erlangung von nachehelichem Unterhalt – FG Münster, Urteil vom 03.12.2019, 1 K 494/18 E:

Das Finanzgericht hat mit der Entscheidung einen Abzug der Prozesskosten als Werbungskosten bestätigt, da sie zur Erlangung künftiger Einnahmen aufgewendet wurden.


Zugewinnausgleich, gemeinsame Schulden zur Finanzierung einer Immobilie im Alleineigentum eines Ehegatten – BGH, Beschluss vom 06.11.2019, XII ZB 311/18:

Die gemeinsam zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie, die im Alleineigentum nur eines Ehegatten steht, sind im Zweifel nur bei diesem zu berücksichtigen, wenn es um die Berechnung des Zugewinnausgleichs geht. Die vom anderen Ehegatten vor der Trennung, also während bestehender ehelicher Lebensgemeinschaft, gezahlten laufenden Kreditraten sind dagegen in der Regel nicht auszugleichen, da von einer „familienrechtlichen Überlagerung“ auszugehen ist. In der Leistung von Darlehensraten durch einen Ehegatten wird nämlich regelmäßig ein Beitrag zum Familienunterhalt nach § 1360 BGB liegen, der eine Rückforderung ausschließt.


Verrechnungsabrede zum Versorgungsausgleich kann nicht erzwungen werden – BGH, Beschluss vom 30.10.2019, XII ZB 537/17:

Ein gesetzlich rentenversicherter Ehegatte kann nicht zum Abschluss einer Vereinbarung über den Versorgungsausgleich verpflichtet werden, die eine Verrechnung seines Anrechts in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Anrecht seines Ehegatten auf Beamtenversorgung vorsieht.

Hintergrund: Seit der Reform des Versorgungsausgleichs im Jahr 2009 werden alle ehezeitanteiligen Rentenanrechte/Altersversorgungen von Eheleuten bei der Scheidung jeweils hälftig auf den anderen Ehegatten übertragen. Dies ist manchmal für zumindest einen der Ehegatten unerwünscht, weil die Voraussetzungen für den Bezug der jeweiligen Altersversorgungen unterschiedlich sind. Insbesondere Beamte haben oft ein Interesse daran, einen größtmöglichen Anteil ihrer späteren Pension ungekürzt für sich zu erhalten. Hier bietet sich eine Verrechnung an, die in der Praxis in derartigen Fällen häufig vereinbart wird. Dabei wird dann lediglich der Saldo der gegeneinander zu verrechnenden Altersversorgungen übertragen, sodass der Beamte höchstens den „überschießenden“ hälftigen Ehezeitanteil seiner Pension übertragen lassen muss. Für den anderen, gesetzlich versicherten Ehegatten ist damit grundsätzlich auch kein Nachteil verbunden, da er ohnehin nicht die Beamtenpension als solche übertragen bekäme, sondern nur deren anteiligen Wert in seine eigene, bereits bestehende, gesetzliche Versicherung. Der Bundesgerichtshof hat jetzt aber klar gestellt, dass kein Ehegatte verpflichtet ist, einer derartigen Vereinbarung zuzustimmen, etwa aus Gründen der nachehelichen Solidarität. Dem steht die verfassungsrechtlich geschützte Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) entgegen.


Voraussetzungen für Unterhaltsabänderung und für höheren Kindesunterhalt als nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle – Kammergericht, Beschluss vom 26.06.2019, 13 UF 89/17:

Der Antrag, einen Unterhaltstitel abzuändern, ist zulässig, wenn Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich eine wesentliche Änderung der dem abzuändernden Titel zugrunde liegenden Verhältnisse ergibt. Der Vortrag nur einzelner Umstände, die zu einer Änderung der maßgeblichen Verhältnisse geführt haben sollen, reicht nicht aus. Es muss auch die „Ergebnisrelevanz“ der Umstände aufgezeigt werden. Zur Begründung hat der Antragsteller dann die neuen, veränderten Umstände in das durch den Unterhaltstitel vorgegebene „Raster“ einzustellen und im Sinne einer Differenzbetrachtung die Veränderung ziffernmäßig darzustellen. Für eine Abänderung über § 313 BGB reicht es nicht aus, dass sich lediglich einzelne Parameter geändert haben, wenn daraus nicht auch eine Änderung im Gesamtergebnis resultiert.

Für das Unterhaltsrecht gilt das Prinzip der Zeitidentität: Bedürftigkeit des Berechtigten und Leistungafähigkeit des Unterhaltsverpflichteten müssen jeweils zeitgleich in dem Zeitraum vorhanden sein, für den Unterhalt gefordert wird.

Bewertung: Mit der Entscheidung wird klargestellt, welche hohen Anforderungen prozessual und materiell-rechtlich für die Abänderung eines Unterhaltstitels bestehen, des weiteren, wie in zeitlicher Hinsicht die Höhe eines Unterhaltsanspruchs zu ermitteln ist.


Wegfall der Geschäftsgrundlage einer Schenkung bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft – BGH, Urteil vom 18.06.2019, X ZR 107/16:

Der BGH bestätigt hier die Entscheidung der Vorinstanzen, wonach der Beklagte den Eltern seiner früheren Lebensgefährtin die Hälfte des Betrags zurückzahlen muss, den diese ihm und ihrer Tochter zur Finanzierung einer gemeinsamen Immobilie zugewendet hatten. Grundlage dieser Zuwendung war die Vorstellung gewesen, dass die Beziehung der Tochter mit dem Beklagten andauern werde und es sich nicht nur um ein kurzfristiges Zusammenleben handele. Diese Grundlage der Schenkung ist weggefallen mit der Trennung, im entschiedenen Fall schon nach wenigen Jahren.

Der zurückzuzahlende Betrag soll laut BGH auch nicht um eine Quote zu vermindern sein, etwa in Hinsicht auf die Dauer der Beziehung nach der Schenkung. Dies hatte allerdings die Vorinstanz noch anders gesehen und nur 91, 6 % des hälftig auch dem Beklagten zugewendeten Betrags zugesprochen. Die Eltern der früheren Lebensgefährtin des Beklagten hatten dagegen aber kein Rechtsmittel eingelegt. Hätten sie es getan, so hätten sie den vollen Betrag des dem Beklagten zugewendeten Betrags zugesprochen bekommen.


Für die private Krankenversicherung eines Kindes haftet der barunterhaltspflichtige Elternteil alleine, Kreditraten eines Unterhaltspflichtigen für eine selbst bewohnte Immobilie können bis zur Höhe des Wohnvorteils dieser Immobilie mit Zins und Tilgung vom Einkommen abgezogen werden – OLF Frankfurt a. M., Beschluss vom 14.06.2019, 8 UF 25/18:

Beiträge für eine private Krankenversicherung eines Kindes werden nicht von den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle erfasst, sondern stellen Unterhaltsmehrbedarf dar. Für diesen kommen üblicherweise beide Elternteile, also auch der betreuende Elternteil, je nach ihrer Leistungsfähigkeit auf. Das OLG Frankfurt hat hier entschieden, dass letzteres nicht für Kosten der privaten Krankenversicherung gilt, die zum „Regelunterhalt“ zähle. Diesen soll also derjenige Elternteil, der auch den Tabellenunterhalt bezahlt, zusätzlich alleine übernehmen.

Im Nachgang zu der grundlegenden Entscheidung des BGH vom Januar 2017 zum Elternunterhalt stellt das OLG Frankfurt klar, dass auch beim Kindesunterhalt die Kreditraten des Unterhaltspflichtigen, die er für eine selbstbewohnte Immobilie bezahlt, mit Zins und Tilgung bis zur Höhe des Wohnvorteils (= Mietwert) voll berücksichtigt werden, wenn es um die Ermittlung des unterhaltsrelevanten Einkommens geht. Dies war länger umstritten, weil grundsätzlich keine Vermögensbildung zulasten von Unterhaltsbedürftigen betrieben werden soll. Dieses Argument geht aber fehl, wenn gleichzeitig zugunsten der Unterhaltsbedürftigen der Wohnvorteil in Höhe einer ersparten Kaltmiete als unterhaltsrechtliches Einkommen gezählt wird. Dann liegt bis zu dieser Höhe im Abzug der Kreditraten ja gerade kein Nachteil vor. Der Tilgungsanteil der Kreditrate, der über den Wohnvorteil hinausgeht, kann aber weiterhin nur im Rahmen ergänzender Altersvorsorge berücksichtigt werden, also mit den hierfür nach der Rechtsprechung geltenden Begrenzungen und nicht, wenn dadurch der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder eingeschränkt würde.


Anspruch auf Herausgabe von Kinderreisepass – BGH, Beschluss vom 27.03.2019, Aktenzeichen XII ZB 345/18:

Bei getrennt lebenden Eltern hat der Elternteil, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat, grundsätzlich einen Anspruch auf Herausgabe aller für das Kind wichtigen Dokumente. Wenn allerdings der andere Elternteil für die Ausübung des Umgangsrechts in Form einer Auslandsreise den Reisepass des Kindes benötigt, hat dieser einen Herausgabeanspruch. Bei berechtigter Besorgnis einer Kindesentführung ins Ausland besteht kein Herausgabeanspruch. Im entschiedenen Fall war davon aber nicht auszugehen, sodass der Vater den Reisepass des Kindes an die Mutter herauszugeben hatte.


Wechselmodell für Kindesumgang kann auch gegen den Willen eines Elternteils gerichtlich angeordnet werden – BGH, Beschluss vom 01.02.2017, XII ZB 601/15:

Der BGH hat eine Entscheidung des OLG Nürnberg aufgehoben und den Rechtstreit an das OLG zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Bisher war streitig, ob überhaupt ein Wechselmodell zum Aufenthalt eines Kindes jeweils abwechselnd zur Hälfte bei den getrenntlebenden Eltern gegen den Willen eines Elternteils in einem gerichtlichen Umgangsverfahren angeordnet werden darf. Der BGH hat dies nun bestätigt, allerdings auch klargestellt, dass dies eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit voraussetzt.


Tilgungsanteil von Kreditraten bei Unterhaltsberechnung abzugsfähig bis zur Höhe eines Wohnvorteils – BGH, Beschluss vom 18.01.2017, XII ZB 118/16:

Bisher war die Frage, ob bzw. in welchem Umfang der Tilgungsanteil von Raten eines Immobilienkredits bei der Berechnung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen ist, nicht höchstrichterlich geklärt. Der BGH hat nun entschieden, dass die Kreditraten, bestehend aus Zins und Tilgung, zumindest bis zur Höhe eines Wohnvorteils (Mietwert der Immobilie) bei der Bereinigung des Einkommens abzuziehen sind. Bewertung: Da der Wohnvorteil beim Unterhalt als Einkommen angerechnet wird, ist eigentlich klar, dass auch die Raten des für den Immobilienerwerb aufgenommenen Kredits zumindest bis zu der Höhe des Wohnvorteils berücksichtigt werden müssen, anderenfalls würde man mit zweierlei Mass messen und eine Seite benachteiligen. Die Entscheidung wurde zum Elternunterhalt getroffen, dürfte aber für andere Unterhaltsansprüche ebenso gelten.


Nach Eintritt der Volljährigkeit muss Kind das Fortbestehen des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem bisher allein barunterhaltspflichtigen Elternteil nach Grund und Höhe darlegen und beweisen, auch wenn bereits ein Unterhaltstitel besteht – BGH, Beschluss vom 07.12.2016, XII ZB 422/15:

Der BGH bestätigt mit seinem Beschluss die bisherige Rechtsprechung der Oberlandesgerichte, wonach auch bei einem Abänderungsantrag des bisher barunterhaltspflichtigen Elternteils das Kind in vollem Umfang seinen Unterhaltsanspruch nach Grund und Höhe darlegen und beweisen muss. Dies gilt auch hinsichtlich des Einkommens des anderen Elternteils, da dieser grundsätzlich ebenfalls barunterhaltspflichtig geworden ist mit der Volljährigkeit des Kindes.


Räumung und Herausgabe der Ehewohnung vor rechtskräftiger Scheidung – BGH, Beschluss vom 28.09.2016, Az. XII ZB 487/15:

Nach der Trennung und vor rechtskräftiger Ehescheidung kann der Alleineigentümer einer Wohnung oder eines Hauses vom anderen Ehegatten nur dann die Herausgabe verlangen, wenn dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Ein nur auf den Herausgabeanspruch des Eigentümers gemäß § 985 BGB gestützter Antrag an das Gericht wäre schon unzulässig und damit abzuweisen.


Sachverständiger rechnet im Teilungsversteigerungsverfahren zu viel ab – Gerichtskostenrechnung muss gekürzt werden – LG Mainz, Beschluss vom 23.07.2016, 8 T 119/16:

Im Verfahren auf Versteigerung eines Hauses getrenntlebender  Eheleute hatte ein vom Gericht bestellter Sachverständiger verfahrensfehlerhaft nicht alle Beteiligten zu einem Ortstermin zur Ermittlung des Grundstückswerts geladen. Der Miteigentümerin, die das Haus bewohnte, war die Ladung nachweislich nicht zugegangen, die Anwälte der Beteiligten hatte der Sachverständige erst gar nicht informiert. Er konnte deshalb das Haus nicht von innen besichtigen, erstattete aber trotzdem ein Wertgutachten, das er später nach Abhaltung eines zweiten Termins erheblich korrigieren musste.

Die dadurch verursachten Mehrkosten rechnete er gegenüber der Gerichtkasse ab, die die Kosten wiederum auf die Eigentümer umlegte.

Mit der Beschwerdeentscheidung vom 23.07.2016 hat das Landgericht Mainz zum Az. 8 T 119/16 die Gerichtskostenrechnung um 1309,09 € gekürzt, die der Sachverständige zu viel berechnet hatte. Das Landgericht stellte fest, dass das erste Gutachten des Sachverständigen wegen der  verfahrensfehlerhaft unterbliebenen Ladung aller Beteiligten unverwertbar war. Die von ihm doppelt berechneten Kosten waren aus seiner Abrechnung zu streichen.


elterliche Sorge getrenntlebender Eltern bei Urlaubsreise in Türkei – OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.07.2016, 5 UF 206/16:

Eine Urlaubsreise mit Kind in die Türkei kann bei gemeinsamer elterlicher Sorge getrenntlebender Eltern nicht von einem Elternteil alleine entschieden werden, einer gerichtlichen Übertragung der Alleinentscheidungsbefugnis stehen die derzeitigen Verhältnisse in der Türkei entgegen.


Türkischer Brautschmuck ist Eigentum der Frau – verkauft ihn der Ehemann, muss er Schadensersatz leisten, dessen Höhe geschätzt werden kann – OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2016, 4 UF 60/16:

Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 25.04.2016 zum Az. 4 UF 60/16 einen Ehemann verpflichtet, Schadensersatz an seine getrenntlebende Ehefrau zu leisten, weil er ihren Goldschmuck, den sie bei der Hochzeitsfeier umgehängt bekommen hatte, verkauft hatte.

Das OLG hat entschieden, das der Brautschmuck alleiniges Eigentum der Frau geworden war. Der Schmuck war nach der Hochzeit von dem Bruder des Ehemanns in einem Schließfach aufbewahrt und nach der Trennung dem Ehemann übergeben worden. Dessen Vater verkaufte ihn dann in der Türkei.

Die Ehefrau bekam wegen dieser Eigentumsverletzung Schadensersatz zugesprochen, wobei das OLG Beweiserleichterungen zu ihren Gunsten zuließ. Anhand von Fotos konnte über einen Sachverständigen der Wert des Schmucks ermittelt werden.